Von Andreas Keller | Die Triathleten kennen es, aber für einen ganz normalen Beckenschwimmer ist das Freiwasser eine unbekannte und spannende Zone. Man kann nicht sehen, was unter einem ist, ab und an streifen einen Algen und andere unbekannte Dinge, die der Phantasie viel Nahrung bieten. Dazu kommen tolle Gerüchte über das Gebiss der Hechte und von 2 Meter langen Welsen. Wenn es dann ins Meer geht, kommen noch Haie und Quallen dazu. Ich glaube, den meisten geht es so wie mir. Meer und andere offene Gewässer sind zum Planschen da und nicht zum Trainieren.

Doch im Mai bin ich von Koblenz nach Lübeck gezogen und ich wohne jetzt 100m von der Wakenitz entfernt, dem Amazonas des Nordens, wie die Reiseführer von Lübeck sagen. Nicht weil es da Piranhas gäbe, sondern wegen der wunderbaren Natur in und um dieses Gewässer, das vom Ratzeburger See über 14 km bis nach Lübeck fließt. Das Schwimmen ist dort ganz normal, das halbe Wohnviertel trifft sich am und im Wasser. Entweder im über 100 Jahre alten, unter Denkmalschutz stehenden Bad an der Falkenwiese oder gleich daneben im offenem Fluss, weil es da keinen Eintritt kostet und es dann ohne Wende immer weitergeht. So bin ich den ganzen Sommer über einige Male in der Woche mit ein paar Leuten 2-3 km geschwommen. Erst war es etwas ungewohnt, doch auch die Orientierung klappt ganz gut mit ein wenig Übung. Robert hat mir dann noch eine Boje besorgt, die ich mir um den Bauch binden kann und gut sichtbar bin. Denn nicht die Fische sind die Gefahr, sondern Segelboote, Kajaks und Ruderboote, die einen zu überfahren drohen. Es ist wunderbar, abends nach Feierabend im ruhigen Wasser zu schwimmen, über einem nur der Abendhimmel mit den letzten Sonnenstrahlen. Ich kann jedem nur empfehlen, das mal auszuprobieren.

Natürlich lag es dann nahe, auch an einigen Freiwasserwettkämpfen teilzunehmen. Am 14.8. habe ich am Schweriner Schlossschwimmen teilgenommen, es ging über 2 km im Schweriner See einmal um das Schloss. Wer nach rechts atmet hatte den Vorteil bei jedem Atemzug das Schloss zu sehen. Sightseeing im Wasser! Mit 37:04 bei nur 18°C kalten Wasser und Neoprenverbot war ich halbwegs zufrieden. Die Neoprenanzüge sind bei fast allen Freiwasserwettkämpfen verboten.

Eine Woche später, am 21.8. beim Müggelseeschwimmen in Berlin über 3,5 km war das Wasser dann schon wesentlich angenehmer und ich war nach 1:00:45 im Ziel. Das war für mich ein besonderes Erlebnis, da ich bereits vor 20 Jahren schon einmal daran teilgenommen hatte.
Der Höhepunkt war für mich dann das Wismarbucht-Schwimmen am 28.8. Es ging über 3,5 km durch die Ostsee, von der Insel Poel zurück ans Festland. Viel Wind wehte nicht, doch das Schwimmen im Meer mit Wellengang ist doch etwas ganz anderes als im See. Nach 1:04:16 war ich erschöpft und glücklich im Ziel.

Die Platzierungen waren immer im vorderen Mittelfeld, meist waren 10-20% schneller als ich. Da ich inzwischen in der AK 50 starte war ich damit ganz zufrieden, denn die allermeisten Schnelleren waren wesentlich jünger als ich.

So langsam geht die Freiwassersaison zu Ende. Im nächsten Jahr mache ich auf jeden Fall weiter.
Mit diesem Bericht möchte ich mich nach 14 Jahren vom SC Poseidon Koblenz verabschieden. Ich starte ab sofort für den MTV Lübeck. Es hat immer viel Spaß gemacht mit Euch. Ab und an komme ich noch mal zu Besuch vorbei und hoffe dann mitschwimmen zu dürfen. Vielleicht sehen wir uns ja mal auf dem einen oder anderen Wettkampf, im Becken oder im Freiwasser?
Andreas Keller